Trans Day of Remembrance 2025 – Gedenken, Mahnung und Aufruf zum Handeln

Am 20. November begehen trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Communitys weltweit den Trans Day of Remembrance (TDOR) – einen Tag des Gedenkens an jene, die durch trans*feindliche Gewalt und Diskriminierung ihr Leben verloren haben. Der TDOR ist ein Tag der Trauer – aber zugleich ein Tag der Wut und der Entschlossenheit, sich für eine Gesellschaft einzusetzen, in der Diskriminierung und Gewalt keinen Platz haben und trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Menschen sicher und in Würde leben können.

Trans*feindlichkeit tötet – trans* Frauen und transfeminine Personen sind dem größten Risiko ausgesetzt: Das Trans Murder Monitoring der Organisation TGEU veröffentlicht auch in diesem Jahr zum TDOR aktuelle Zahlen. Zwischen dem 1. Oktober 2024 und dem 30. September 2025 wurden weltweit 281 Morde an trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Personen registriert. Seit 2009 hat das Projekt insgesamt 5322 Morde dokumentiert. Wie in den Vorjahren waren 90 % der gemeldeten Morde Femizide: Die Mordopfer waren trans* Frauen oder transfeminine Menschen. 88 % der Getöteten waren von verschiedenen Formen von Rassismus betroffen. Sexarbeiter*innen sind mit 34 % auch in diesem Jahr die am stärksten betroffene Berufsgruppe. Jedes Jahr zeigen die Zahlen erneut: Besonders Schwarze, indigene sowie migrantisierte trans* Frauen und transfeminine Personen sind betroffen, wie auch trans* Frauen und transfeminine Personen of Colour, besonders, wenn sie der Sexarbeit nachgehen. Die Zahlen des Trans Murder Monitorings zeigen daher auch 2025, wie Transmisogynie – das Zusammenwirken von Trans*feindlichkeit und gegen trans* Frauen und transfeminine Personen gerichtete Misogynie – tötet; besonders wenn Transmysogynie mit Rassismen und Sexarbeiter*innenfeindlichkeit verwoben ist. Die Effekte aus der Wechselwirkung dieser Diskriminierungsformen zeigen sich im Trans Murder Monitoring seit Jahren konsistent als die tödlichsten Intersektionen verschiedener Marginalisierungen.

Ein ebenso erschütternder Trend, der in den Zahlen dieses Jahres sichtbar wird: Die Morde an Personen, die sich aktiv für ihre Communitys einsetzen, werden zahlreicher. Waren 2023 noch sechs Prozent aller ermordeten Personen Aktivist*innen und Organisator*innen, stieg die Zahl 2024 auf neun und 2025 auf 14 Prozent. Damit sind sie weltweit die am zweithäufigsten angegriffene (Berufs- bzw. Tätigkeits-)Gruppe nach Sexarbeiter*innen.

Deekshitha Ganesan, Policy Manager bei TGEU sagt dazu: „Dieser Anstieg ist ein bewusster Versuch, diejenigen zum Schweigen zu bringen, die sich für Freiheit und Gleichberechtigung einsetzen. Diese Morde sind die extremste Folge eines politischen Diskurses, der trans* Personen entmenschlicht. Die Regierungen müssen jetzt handeln, um die Personen zu schützen, die die Menschenrechte von trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Menschen verteidigen, und sicherstellen, dass trans* Communitys sicher leben und sich organisieren können.“

Robin Ivy Osterkamp aus dem Vorstand des Bundesverbands Trans e.V. sagt dazu: „Gewalt gegen trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Personen ist kein gesellschaftliches Randphänomen, sondern Ausdruck einer globalen Krise der Menschenrechte. Wir erleben weltweit und auch in Deutschland eine politische und gesellschaftliche Entwicklung, die trans* und queeres Leben zunehmend delegitimiert und angreifbar macht. Wir müssen entschieden gegensteuern – durch Schutz, Aufklärung und Solidarität.“

Die alarmierende Zahl der Morde an Aktivist*innen verdeutlicht die harte Realität schwindender demokratischer Räume, in denen Community-Organisator*innen zunehmend angegriffen werden, weil sie sind, wer sie sind, und weil sie sich für Gleichberechtigung und Menschenrechte einsetzen. In mehr und mehr Ländern arbeiten zivilgesellschaftliche Organisationen in einem feindseligen Umfeld, ohne Unterstützung und teilweise bereits unter aktiver Verfolgung durch ihre eigenen Regierungen.
Die TGEU hat daher Forderungen an die Regierungen weltweit gestellt, die trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Personen schützen sollen:

  • Entkriminalisierung von Sexarbeit sowie Gewährleistung von Arbeitsschutz für Sexarbeitende.
  • Schulung von Fachkräften, damit diese angemessen auf Gewalt gegen trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Personen reagieren können. Hier soll ein Schwerpunkt auf Intersektionalität gelegt werden, da Gewalt und Diskriminierung besonders stark mehrfachdiskriminierte Personen trifft.
  • Schutz und Unterstützung für Personen, die sich aktiv für die Menschenrechte von trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Personen einsetzen, wie auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die dies tun. Dies umfasst Gelder für gesellschaftliche Aufklärung, Finanzierung ihrer Arbeit wie auch Maßnahmen, die ihre Sicherheit gewährleisten, damit sie sich ohne Angst weiter organisieren und für ihre Anliegen eintreten können.
  • Verabschiedung von Gesetzen gegen Hassverbrechen und Diskriminierung, die trans*, nicht-binäre und gender-nonkonforme Personen ausdrücklich schützen, sowie die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses darüber, was illegale Hassrede ausmacht.

Der Trans Day of Remembrance erinnert jedoch auch an die Personen, deren Tod in keiner Statistik erscheint: Menschen, die unter ihrem alten Namen begraben wurden, deren Identität nicht anerkannt wurde, deren Geschichten entstellt wurden oder vergessen sind. Der Tag erinnert auch an die Menschen, die nie die Gelegenheit dazu bekommen haben, ihr authentisches Selbst zu leben, an die Menschen, die an den Folgen von Ausgrenzung, Diskriminie-rung und fehlender Unterstützung verzweifelt sind.

Der Trans Day of Remembrance gilt außerdem nicht nur den Toten. Der TDOR ist auch ein Tag, um die Stärke und Widerstandskraft der Lebenden zu würdigen – der trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Personen, die in einer Welt bestehen, die sie oft ablehnt. Die sich zeigen, Gemeinschaften schaffen und für ein Leben in Freiheit und Würde kämpfen. In vielen Städten kommen am TDOR Menschen zusammen, um den Ermordeten zu gedenken – und um zu zeigen, dass die Leben von trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Menschen zählen. Der TDOR erinnert daran, dass ihr Platz in der Gesellschaft selbstverständlich ist und dass dieser Platz immer wieder neu verteidigt werden muss – auch in Deutschland:
Die Lage aller queeren Communitys hat sich in den vergangenen Jahren spürbar verschärft. Laut den aktuellen Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) wurden im Jahr 2024 insgesamt 2.917 queerfeindlich motivierte Straftaten erfasst – davon 1.152 aufgrund des Merkmals geschlechtsbezogene Diversität und 1.765 aufgrund sexueller Orientierung. Damit haben sich die registrierten Fälle seit 2022 mehr als verdoppelt (2022: 1.422 Fälle). Die tatsächlichen Zahlen dürften viel höher liegen, da viele Fälle nicht angezeigt werden. Die steigenden Fallzahlen spiegeln sich auch in der Lebensrealität vieler LSBTIQ*-Personen wider. Angriffe auf CSDs und andere queere Veranstaltungen zeigen, dass öffentliche Sichtbarkeit immer unsicherer wird. Bei fast jedem zweiten der 245 im Jahr 2025 ausgerichteten CSDs kam es laut einem Bericht der Amadeu-Antonio-Stiftung vom 27.10.2025 zu Angriffen und Störungen. Fast die Hälfte dieser gingen von Rechtsextremen aus. Und auch diese Zahlen steigen: Von den insgesamt 180 CSDs in 2024 wurden 55 von Rechtsextremen angegriffen. Der Jahresbericht 2024 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hebt zudem hervor, dass trans*, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen überproportional häufig Diskriminierung in zentralen Lebensbereichen wie Arbeit, Gesundheit, Bildung und Wohnungsmarkt erfahren.
Es zeigt sich wieder und wieder: Diskriminierung, Ausgrenzung und Hassrede bilden zusammen ein gesellschaftliches Klima, das nicht nur trans-, sondern insgesamt LSBTIQ-feindliche Gewalt normalisiert und verstärkt.

Robin Ivy Osterkamp aus dem Vorstand des BVT* sagt dazu: „Wenn Menschenrechte zur Meinungsfrage erklärt werden, entsteht ein Klima, in dem Gewalt gedeihen kann. Es ist Aufgabe von Politik, Medien und Zivilgesellschaft, diesem Klima entschlossen entgegenzutreten – mit klarer Haltung, gezieltem Schutz und nachhaltiger Aufklärungsarbeit.“

Die Erinnerung an die Toten verpflichtet dazu, die Lebenden zu schützen: durch konsequente Gewaltprävention, den Ausbau von Unterstützungsstrukturen, sichere Gesundheitsversor-gung und rechtliche Gleichstellung. Besonders gefährdet sind dabei Personen, die Mehrfachdiskriminierungen erfahren – Schwarze, migrantisierte, geflüchtete, behinderte oder arme trans*, nicht-binäre oder gender-nonkonforme Personen oder trans*, nicht-binäre oder gender-nonkonforme Personen of Colour.

Robin Ivy Osterkamp betont: „Unsere Solidarität darf keine Grenzen kennen. Wer gegen trans*feindliche Gewalt kämpft, kämpft auch gegen Rassismus, Antifeminismus und Autoritarismus. Der Schutz von trans* und queeren Menschen ist eine demokratische Verpflichtung – und eine Frage der Menschlichkeit.“

Hintergrund:

Das Trans Murder Monitoring Projekt der Organisation TGEU erfasst Mordfälle seit April 2009. Die Zahlen des aktuellen Jahres mit einer politischen Einordnung finden sich auf der Homepage des Projekts (hier klicken).

Weitere Zahlen aus der Analyse des Projekts:
Fünf Prozent der vom Trans Murder Monitoring erfassten Mordopfer waren unter 18 Jahre alt. Jeweils ein Viertel aller Getöteten waren zwischen 19 und 25 Jahre und zwischen 26 und 30 Jahre und zwischen 31 und 40 Jahre alt. Bei 20 Prozent wurde keine Altersangabe gemeldet.
In Europa wurden zwischen dem 1. Oktober 2024 und dem 30. September 2025 fünf Fälle gemeldet, gegenüber acht im Jahr 2024: jeweils ein Fall in Frankreich, Spanien, Großbritannien, Russland und der Türkei.
44 % der gemeldeten Morde waren Schusswaffenmorde. 25 % der Morde ereigneten sich auf der Straße und 22 % in der Wohnung der getöteten Person.

Weiterführende Links:

Zahlen zur Hassgewalt 2022 und 2023 im Vergleich

Zahlen zur Hassgewalt 2023 und 2024 im Vergleich

Angriffe auf CSDs in 2024 und 2025 / Bericht der Amadeu-Antonio-Stiftung vom 27.10.2025

Jahresbericht Diskriminierung 2024 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Dieser Text ist als Pressemitteilung des BVT* erschienen und hier als PDF herunterladbar (bitte hier klicken).

Grafik. Da steht: "Queer Kalender. 20 November. Trans Day of Remembrance." Zeichnung einer Taube in den Trans-Farben (Pink und Hellblau), die vor einem blauen Hintergrund fliegt und einen Zweig im Schnabel trägt.